Es ist nicht üblich, kommt aber dann und wann auch vor - um genau zu sagen zum fünften Mal seit der ersten grossen NHL-Expansion 1967: Connor McDavid wurde als Finalserie-Verlierer zum Playoff-MVP gekürt. Vor ihm kamen der legendäre Glenn Hall (St. Louis Blues 1968), Reggie Leach (Philadelphia 1976), Ron Hextall (Philadelphia 1987) und Jean-Sebastien Giguère (Anaheim Mighty Ducks 2003) zu dieser besonderen Ehre. 1966 – noch in der Original-Six-Ära - schaffte dies auch Detroits Roger Crozier. McDavid ist übrigens auch der erste Feldspieler seit Leach im Jahr 1976, dem dies gelang. Regelmässig werden die Diskussionen heiss geführt, ob es überhaupt relevant sei in einem Siegerteam zu sein, um diese Auszeichnung zu erhalten. So kam es zuletzt auch 2021 zu einer kleinen Debatte, als viele Carey Price von den Montréal Canadiens eher als Conn-Smythe-Sieger sahen als Tampas Andrei Vasilevsky.
Gesamtleistung über alle 25 Partien gaben den Ausschlag
Aber die Rekord-Statistiken und die Gesamtleistung über alle 25 Playoff-Spiele machen aus Connor McDavid den verdienten „Playoff-MVP wider Willen“. Denn das „Naturereignis auf Kufen“ hätte lieber auf diese Auszeichnung verzichtet und stattdessen als Captain der Edmonton Oilers den Stanley Cup zum ersten Mal in seiner Karriere in die Luft gestemmt. Der 27-Jährige erzielte in 25 Playoff-Spielen 42 Punkte (acht Tore, 34 Assists), das sind fünf Punkte weniger als Wayne Gretzky bei seinem Playoff-Rekord von 1985. Aber er brach den Playoff-Assist-Rekord von 31 Assists des „Great One“ um drei Punkte. McDavid ist nach Mark Messier (1984), Wayne Gretzky (1985, 1988) und Bill Ranford (1990) der vierte Oilers-Spieler, der die MVP-Trophäe gewinnt.
Es stünde ausser Frage, dass der Kapitän der Edmonton Oilers der beste Spieler der Welt ist, wie Corey Perry jüngst sagte. Auch Leon Draisaitl war nach McDavids Traumtor im Halbfinal gegen Dallas deutlich: „Es gibt einen Spieler auf der Welt, der so unglaubliche Dinge machen kann.“ Fünfmal war McDavid Topscorer, dreimal MVP, dreimal wurde er zum herausragenden Spieler gewählt, einmal war er Torschützenkönig. Noch nie hat er eine NHL-Saison mit weniger Skorerpunkten als Spielen erlebt, siebenmal hat er die 100-Punkte-Marke geknackt, selbst in der Corona-Saison mit nur 56 Spielen. Dieses Jahr machte er allein 100 Assists. Und jetzt ist er auch noch Gewinner der Conn Smythe Trophy. Alles Einzelauszeichnungen, die er gerne mit einem Stanley-Cup-Gewinn krönen würde. Und er hätte wohl auch gerne im Gegenzug auf den Titel als Playoff-MVP verzichtet. Dies zeigt auch seine Reaktion nach dem abschliessenden Handshake, als die ganze Oilers-Mannschaft in den Katakomben verschwand, um die grosse Enttäuschung zu verarbeiten: Connor McDavid wollte die Conn Smythe Trophy nicht einmal in Empfang nehmen.
MVP-Kriterien: Unterschieds- und Ausnahmespieler bevorzugt?
Und warum wurde es keiner aus dem neuen Stanley-Cup-Siegerteam Florida Panthers? Aleksander Barkov und Sergei Bobrovsky waren die Spitzenkandidaten für die Conn Smythe Trophy. Bei Sergei Bobrovsky, dem Matchwinner in den Finalpartien 1, 3 und 7, waren es schliesslich die Leistungsschwankungen in manchen Playoff-Phasen, die ihm diese Auszeichnung kosteten. Aleksander Barkov, der vielleicht meistunterschätzteste Spieler der Liga, hatte einen schwierigen Stand als Zwei-Weg-Stürmer und Spielstratege. Sein wahrer, qualitativer Wert für das Team ist weniger messbar als bei einem Spieler wie McDavid. Die Kader-Ausgeglichenheit beziehungsweise -Balance bei den Panthers, wo kein Spieler als Superstar so herausstach wie McDavid bei den Edmonton Oilers (die im Übrigen - im Vergleich zu den Vorjahren - auch endlich einen sehr gut ausbalancierten Kader hatten), machte es auch schwierig, einen würdigen Playoff-MVP zu benennen. Zuletzt wurde beispielsweise Justin Williams (2014, L.A. Kings) als Rollenspieler in einem sehr ausgeglichenen Team zum Conn-Smythe-Gewinner. Fazit: Man hätte auch nichts beanstanden können, wenn Aleksander Barkov oder Sergei Bobrovsky die Auszeichnung erhalten hätten.