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NHL Observer

Playoff-Drama-Queen reloaded: Der ewige Fluch lässt die Maple Leafs nicht los. Das ist „Mia san' mia“ auf kanadisch – nur halt eben erfolglos und mit einer Prise Masochismus. So kann man die Perzeption der Toronto Maple Leafs in Kanada beschreiben. 

Ja... es ist wieder passiert. Die Toronto Maple Leafs haben einmal mehr ihrem Ruf als „Playoff-Drama-Queen“ der NHL alle Ehre gemacht. In der zweiten Runde der Stanley-Cup-Playoffs unterlagen sie den Florida Panthers in der alles entscheidenden Partie 7 mit einer 6:1-Heimklatsche. Das hat das Drama noch stärker akzentuiert. Dies war so ganz nebenbei die achte aufeinanderfolgende Niederlage in einem Spiel 7 seit 2004 (!). 

Und folglich kennt die Enttäuschung der „Leafs Nation“ einmal mehr keine Grenzen. Ein Beispiel: Ein NHL-Fantrikot vom Merchandising-Shop im Stadion kostet schnell mal 300 kanadische Dollar. Eines oder zwei davon flogen im Conference-Halbfinalspiel 7 aufs Eis – geworfen von frustrierten Fans. Es braucht schon eine Menge Wut, um so ein teures Stück einfach so zu opfern. Auch machten auf Instagram, TikTok und „X“ Trikotverbrennungs-Videos die Runde. 

Jährlich grüsst das Leafs-Murmeltier

In Kanada verfolgte man das erneute Scheitern der „Leafs“ mit einem lachenden, aber auch weinenden Auge. „Losers since 67“ (1967 war letzter Stanley-Cup-Sieg der Leafs) werden sie provozierend gerufen. Der Club polarisiert nämlich in Kanada. Noch stärker als die Montréal Canadiens mit ihrer frankokanadischen Identität. Aber: All jene, die den Toronto Maple Leafs den Erfolg nicht gönnen und Spass bekunden beim Scheitern der Rivalen zuzusehen, sind seit einigen Jahren aber in einem Interessenkonflikt. Denn die Sehnsucht nach einem Stanley-Cup-Sieger aus dem Kernland des Eishockeys ist noch viel grösser als jede Rivalität. Und so war man in ganz Hockey-Kanada sauer auf die Leafs, die mit ihrem Playoff-Zweitrunden-Aus den möglichen Traumfinal gegen die Edmonton Oilers – einem anderen Traditionsclub – verhinderten (siehe unser Blogbeitrag hier). 

Medienzirkus in Toronto wird nicht einmal in Montreal übertroffen

Die Playoff-Mentalität sei dieses Jahr zwar gegenüber den Vorjahren verbessert gewesen, aber es reichte erneut nicht in einem Entscheidungsspiel. Der Nimbus als Loser klebt an ihnen wie zerkauter Kaugummi in einer Lockenfrisur. Und der Erwartungsdruck, der von allen Seiten (Medien, Fans, Fachleute, Sponsoren, etc.) mitwirkt, spielt auch eine Rolle. Da kam Mat Tkachuks Seitenhieb im Podcast Spittin' Chiclets gerade richtig. Der Star der Florida Panthers: „Manchmal tun sie mir sogar leid, weil sie einige unglaubliche Spieler und ein grossartiges Team haben. Ich habe sogar zu ein paar Jungs gesagt: Wenn dieses Team nicht in Toronto wäre und sich nicht mit all dem verrückten Zirkus drumherum auseinandersetzen müsste, wären sie noch schwerer zu bespielen. Wir müssen uns in Florida nicht mit so etwas herumschlagen.“ Diese Aussage sorgte für kontroverse Reaktionen. Einige empfanden diese Bemerkungen als überheblich.

Ikone Brendan Shanahan musste schon gehen

Und nun rollen Köpfe und einige Starspieler stehen vor wichtigen Entscheidungen. Nach der erneuten Enttäuschung trennte sich das Team von Präsident Brendan Shanahan, der seit 2014 im Amt war. Unter seiner Führung erreichten die Leafs zwar regelmässig die Playoffs, aber man überstand nie die zweite Runde. Die Zukunft von Schlüsselspielern wie Auston Matthews und Mitch Marner wird nun auch diskutiert. Die Toronto Maple Leafs stehen also erneut vor einem Sommer voller Fragen und Unsicherheiten. Ob es ihnen gelingt, den langjährigen Fluch zu brechen und endlich den ersehnten Stanley Cup zu gewinnen, bleibt abzuwarten. Die Toronto Maple Leafs bleiben ein Team mit grossem Potenzial, das jedoch immer wieder an den eigenen Erwartungen und dem enormen Druck in ihrer Heimatstadt scheitert. Ob es ihnen gelingt, diesen Teufelskreis zu durchbrechen?

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

 

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