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NHL Observer

Die NHL generierte im Jahr 2023 einen Rekordgewinn von 6,8 Milliarden Dollar. Das Ziel ist es, die 10-Milliarden-Grenze zu knacken und somit auf eine ähnliche Erlössumme wie jene der MLB und NBA zu gelangen. Wo aber ist dieses Geld noch zu holen? Ein Einblick in die Finanzierungsströme der NHL.  

Im Frühsommer 2024 wurden die Umsätze und Erlöse des Vorjahres in den populärsten Mannschaftssportarten in Nordamerika publik gemacht: Die NFL führt bei 18,7 Milliarden einmal mehr ganz deutlich vor der NBA und der MLB mit jeweils fast 11 Milliarden. Etwas abgeschlagen ist die NHL mit 6,8 Milliarden, aber seit der geschickte Verhandler Gary Bettman als Commissioner der NHL das Zepter führt, ging es stetig exponentiell hoch mit den Einnahmen. Keith Wachtel, Chief Business Officer der NHL, sagte den auch in den kanadischen Medien selbstbewusst: „Wir planen, die 10-Milliarden-Grenze zu knacken.“

Viel Potenzial bei den TV-Vermarktungs- und -Übertragungsrechten

Dieses Ziel scheint realistisch, wenn man beobachtet, wie stark umkämpft die TV-Vermarktungs- und Übertragungsrechte seit einigen Jahren sind. Gary Bettman hat diesbezüglich so manche Verhandlungsschlachten geschlagen und grosse Erfolge erzielt. Hier ist auch am meisten zu holen, denn der Bereich der TV-Vermarktungs- und Übertragungsrechte erwirtschaftet für die NHL nur 19 Prozent. Der Hauptanteil am Gewinn wird indes über die Zuschauereinnahmen und über den Spielbetrieb prinzipiell erwirtschaftet. Der Vergleich mit den anderen Sportarten zeigt: Für die NFL (66 Prozent!) und die NBA (41 Prozent) sind die Einnahmen über die TV-Rechte mit Abstand die wichtigste Einnahmequelle.

Neuer Rekord bei der spieltagsbezogenen Wertschöpfung

Das Positive also zuerst: In der NHL sind die Zuschauerzahlen in der gesamten Liga auf einem Rekordhoch. 22,5 Millionen Fans haben für eine Stadionauslastung von 97 Prozent gesorgt. Das ist eine erneute Steigerung von sieben Prozent gegenüber den Vorjahren. Alle Einnahmen aus den spieltagsbezogenen Wertschöpfungsketten (Parking, Merchandisingverkauf, Catering und Food etc.) steigen somit auch. Das On-Ice-Produkt liefert eine gute Show – vor allem im Customer Journey als Stadionerlebnis, aber auch als TV- und Streamingprodukt. Man befinde sich jetzt auch in einer Blütezeit, sagen die Fachleute. Starpower hat es genug mit aktuellen und künftigen Topstars. Und: Die verbesserte Fähigkeit der Liga, Starspieler noch besser zu präsentieren als zuvor, habe in allen Belangen geholfen.

Warum in der NHL die Einnahmen aus dem Spielbetrieb so wichtig sind, zeigt auch folgendes Beispiel des sogenannten „crossmarket premium seating“. Die Auslastung der Arenen mit verschiedenen Events und nahezu täglicher 100%-iger Belegung an über 300 Tagen im Jahr, verbunden mit optimalem Crossmedia-Marketing, garantiert einigen Clubs hohe Einnahmen. So ist das Air Canada Center, welches dem Besitzer der Maple Leafs gehört (Maple Leaf Sports & Entertainment), eine der am besten belegten Stadien Nordamerikas. Der Grossteil des Gesamtgewinns entsteht durch diesen Weg. Die Auslastung der Stadien ist, und das ist kein Zufall, bei den meisten der 15 wertvollsten Teams nahezu optimal. Und noch etwas spielt eine gewichtige Rolle: Die reichsten NHL-Clubs wie die Rangers, Maple Leafs und Canadiens de Montréal sind nicht nur bezüglich Zuschauerinteresse (Stadionbesuch, TV-Ratings, Impact in der Community) die Besten, sondern auch in der nationalen und lokalen Vermarktung. Teams wie die Canadiens de Montréal setzen mit lukrativen lokalen TV-Verträgen noch mehr um als mit dem aus dem nationalen TV-Vertrag generierten Zustupf. Ausserdem sind die reicheren und populären Teams der NHL auch beliebte Partner bei Grossunternehmen und Marken, wenn es um die Testimonial- und Imagevermarktung sowie die Miete bei den Stadionlogen geht. Man könnte also denken, dass sie wenig oder kaum abhängig sind von den Zuschauereinnahmen. Weit gefehlt: Immerhin 30 (Montréal) bis 40 Prozent (andere wirtschaftlich erfolgreiche oder gut situierte Clubs) machen die Werbeeinnahmen im Stadion und der flankierende Umsatz pro Kopf (Eintrittspreis, Verpflegung, Merchandising und so weiter) in der Budgetplanung doch noch aus.

Fazit: Prinzipiell sieht es also mit der Verteilung folgendermassen aus: Die Einnahmen der Clubs erwirtschaften sich aus den TV-Geldern, dem Umsatz der Zuschauer rund um den Stadionbesuch, Werbeeinnahmen und Merchandising. Und ziemlich neu seit drei Jahren hat man eine Büchse der Pandora geöffnet: Zunächst ein kleines Werbelogo auf dem Helm (2020) und danach die Trikotwerbung mit einem (noch) relativ kleinen Logo wurde auf den Jerseys der Heimteams ab 2022 erlaubt. Dies erschliesst neue Vermarktungsmöglichkeiten. Woher aber kommen die weiteren Einnahmen der NHL? Hier eine Auflistung (diverse Quellen: Working Press Suisse, MyAgent, Sportagon Schweiz u.a.):

So generiert die NHL ihre Milliardenerlöse

Ein grundlegender Aspekt des NHL-Modells der Einnahmenparität ist die Schaffung eines zentralen Pools, der als Hockey Related Revenue (HRR) bezeichnet wird und verschiedene Einnahmequellen umfasst. Zu diesem Pool gehören Einnahmen wie nationale Übertragungsrechte, Lizenzen und andere zentral generierte Einnahmen. Die Liga stellt so sicher, dass alle Teams unabhängig von ihrer individuellen Marktgrösse den gleichen Anteil am Geschäftserfolg der Dachmarke NHL erhalten.

  • Ticketverkäufe sind eine wichtige Einnahmequelle für NHL-Teams und variieren je nach Faktoren wie Teamleistung, Kapazität der Location und Marktnachfrage. Vereine erzielen Einnahmen aus dem Ticketverkauf für Heimspiele, wobei ein Teil an die Liga geht. Durch die Aufteilung der Einnahmen wird sichergestellt, dass alle Teams einen angemessenen Anteil an den Gesamteinnahmen der NHL über die Ticketerlöse erhalten.
  • Merchandising-Rechte: Diese beziehen sich auf die Lizenzierung und Vermarktung von teambezogenen Produkten, einschliesslich Trikots, Bekleidung, Accessoires und verschiedenen Markenartikeln. Die Liga und ihre Teams verfügen über etablierte Strukturen für Merchandising-Partnerschaften. Die NHL als Liga schliesst Lizenzvereinbarungen mit verschiedenen Unternehmen ab, um Waren mit Teamlogos, Namen und anderen Markenelementen herzustellen und zu vertreiben. Einzelne Teams haben auch eigene Lizenzvereinbarungen.
  • Sponsoring und Partnerschaften: Die NHL geht häufig Partnerschaften mit Unternehmen ein, um in bestimmten Kategorien offizieller Sponsor oder Titelsponsor zu werden. Die NHL sucht zudem nach globalen Partnern, die dabei helfen, das Spiel international auszubauen. Auch über das so genannte Stadion Naming wird viel generiert.
  • Wie bereits angedeutet: die Übertragungsrechte machen im Moment noch knapp unter 20 Prozent der Einnahmen der NHL aus und umfassen sowohl nationale als auch regionale Übertragungsverträge. Im Jahr 2013 sicherte sich Rogers Communications einen bahnbrechenden 12-Jahres-Vertrag über 5,2 Milliarden US-Dollar für exklusive NHL-Übertragungsrechte in Kanada. Der Deal gewährte Rogers Rechte auf allen Plattformen, einschließlich Fernsehen, Online-Streaming und Mobilgeräten, und veränderte das Seherlebnis, indem Spiele über mehrere Kanäle, Streaming-Dienste und On-Demand-Plattformen angeboten wurden. Anschließend lizenzierte Rogers einen Teil der Spiele an die Canadian Broadcasting Corporation (CBC) und TVA Sports. Traditionelle Sender (Rogers, CBC) und Streaming-Plattformen (Amazon Prime Video im Jahr 2021) existieren nebeneinander und bieten den Fans Flexibilität bei der Wahl ihrer bevorzugten Anzeigemethode. Nicht zu vergessen hierbei sind auch die internationalen Verträge.
  • Eishockey-bezogene Einnahmen (HRR): Diese umfassen die Gesamteinnahmen, die von der Liga durch verschiedene Einnahmequellen erzielt werden. Die NHL schätzt zunächst die HRR für die kommende Saison und legt die Gehaltsobergrenzen entsprechend fest. Dies ist ein Mechanismus zur Begrenzung überhöhter Ausgaben in der gesamten Liga. Da die HRR geschätzt wird, zahlen die Spieler einen bestimmten Prozentsatz ihres Gehalts auf ein Treuhandkonto (Trust Account) ein. Bei einem Treuhandkonto handelt es sich um eine finanzielle Vereinbarung, bei der ein neutraler Dritter Gelder im Namen von zwei an einer Transaktion beteiligten Parteien verwahrt und verwaltet. Ein Treuhandfonds ist eine juristische Person, die zur Verwaltung von Vermögenswerten zugunsten bestimmter Personen oder Organisationen gegründet wurde.

Die grössten Herausforderungen der NHL für die Einnahmenstabilität beziehungsweise Gewinnoptimierung sind unter anderem die Etablierung der langfristigen Übertragungsverträge, eine globale Expansion oder auch die Digitalisierung (die Liga prüft Partnerschaften und Möglichkeiten im digitalen Bereich und nutzt Online-Plattformen, um ein breiteres Publikum zu erreichen und zusätzliche Einnahmequellen zu erschliessen). Was ebenfalls hoch oben steht auf der Agenda: Die gegenseitige Unterstützung der Eigentümerschaft. Denn bei Eigentümerwechseln oder finanziellen Schwierigkeiten kann die NHL Unterstützung und Beratung anbieten, um den Fortbestand des Teams zu gewährleisten oder auch helfen bei Franchise-Relocations.

Joël Ch. Wuethrich publiziert wöchentlich Hintergrundberichte über die NHL in der führenden Deutschen Fachpublikation Eishockey News und hat ein ausgezeichnetes Beziehungsnetz in Nordamerika. Seit 1992 ist er Chefredaktor diverser namhafter Publikationen, unter anderem auch war er beim Slapshot sowie beim Top Hockey Chefredakteur und war zudem lange Jahre für den Spengler Cup strategisch in Marketing und PR sowie als Chefredaktor tätig. Joël Ch. Wuethrich leitet seit 1992 hauptberuflich eine crossmedial aufgestellte PR-Agentur und eine Player's Management Agentur (Sportagon), ist Crossmedia-Stratege und HF-Dozent mit Lehrauftrag für Kommunikation und Marketing. Er analysiert seit 30 Jahren als Autor/Chefredakteur in der Schweiz, Deutschland sowie in Kanada die NHL und beobachtet das Eishockeygeschehen weltweit intensiv. Der Familienvater (zwei Kinder) arbeitet in der Schweiz und in Montréal, wo ein grosser Teil seiner Verwandtschaft wohnt.

 

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