Wir haben an dieser Stelle im November 2023 (siehe hier) bereits einmal auf diesen Spieler aufmerksam gemacht: Arber Xhekaj ist in Montréal einer der Publikumslieblinge. In Europa ist er der neue Held bei der albanisch-kosovarischen Community – speziell in der Schweiz. Und er hat sich mit seiner Persönlichkeit und seinem Spielstil in der NHL sehr schnell einen Namen gemacht. Er gehört zu jener neuen Generation der sogenannten Tough Guys, die sich nicht nur über harte Checks, Einschüchterung oder Faustkämpfe definieren.
Beleibt bei Fans, im Team und ein PR-Liebling
Teamintern sind Spieler wie Xhekaj höchst beliebt. Auch, weil sie eine gewinnende Persönlichkeit besitzen. Und: sie sind die Sheriffs, die – wenn nötig – dem Gegner zeigen, dass man nicht ungestraft die Mitspieler zu hart oder gar mit Verletzungsabsicht angeht. Der Trademark von Arber Xhekaj: Le Sheriff. Und diese wird ganz schön medial ausgekostet und kommerzialisiert in Kanada – speziell natürlich in der Provinz Québec. Xhekaj trägt nunmehr auch privat gerne Cowboy-Hüte und tritt in einigen Commercials als Sheriff auf. Die Werbetreibenden und PR-Experten in Montréal sind begeistert. Nach P.K. Subban ist er wohl der nächste PR-Liebling in Town. „Ich mache da gerne mit, weil ich mich in dieser Rolle gut fühle. Man hat mir mal diesen Übernamen gegeben. Damit kann ich leben. Was ich aber nicht sein will ist ein Goon“, so Arber Xhekaj. Denn er kann auch sehr viel mehr als nur ein Sheriff sein. Immer wieder beweist er taktisches Geschick, gutes Backchecking, ein laufend verbessertes Stellungsspiel und kann auch von der blauen Linie skoren – sei es mit einem Assist, aber auch mit Toren. Sein Bruder Florian Xhekaj ist Stürmer beim „Habs“-Farmteam in Laval und dort ebenfalls einer Publikumsfavoriten. Arber: „Mein Bruder hat mehr Offensivtalent. Was wir aber gemeinsam haben sind die Intensität und die Willenskraft, die wir als Eishockeyprofis vorleben wollen. Das hat mich schliesslich in die NHL gebracht. Was uns sehr ehrt, ist die Zuneigung von den Fans. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Eine Cinderella-Story
Xhekajs Weg in die NHL ist eine grossartige Geschichte. Aufgewachsen in einer kanadischen Arbeiterfamilie der ersten Generation, wurde er weder von der Ontario Hockey League (OHL) noch der NHL gedraftet. Doch seine Willenskraft und der Fokus, Eishockeyprofi zu werden, trieben ihn weiter an. Um dieses zu erreichen, musste der 1,90 Meter grosse und 110 Kilogramm schwere Verteidiger seine Nische - seine Rolle innerhalb der Teams - finden. Mit zunehmendem Selbstvertrauen steigt auch sein Spielniveau. Bisher hat er bewiesen, dass er über die nötige Beweglichkeit und Defensivfähigkeiten verfügt, um in der NHL dauerhaft ein Stammspieler zu werden. Sein körperlicher Stil bringt einen Vorteil mit sich, der wie eine Reminiszenz an die Verteidiger der alten Schule wirkt. Und dennoch gilt er als ein Enforcer neuer Generation. Viele Gegner und Coaches sagten schon nach einem Spiel gegen die „Habs“: „Es macht keinen Spass, gegen Arber Xhekaj zu spielen.“
Auf den Spuren von Tie Domi & Co.
Angesprochen auf die albanisch-kosovarische Community meint Arber Xhekaj, dass er schon viele Mails und Instagram-Messages aus der Schweiz bekommen habe: „Das ist so cool, freut mich immens.“ In der Schweizer Eishockey-Fangemeinschaft kennt man Alban Rexha (aktuell beim EHC Basel) als einen der wenigen albanisch-kosovarischen Eishockeyprofis. Die meisten Kosovo-Albaner:innen wenden sich dem Fussball zu. Etwas anders ist es in Kanada, wo der Eishockeysport auch die zweite und dritte Generation der Zugewanderten begeistert. Der erste wirklich grosse Eishockeystar der NHL mit albanischen oder/und kosovarischen Wurzeln war Tie Domi – genannt "The Albanian Assassin". Auch sein Sohn Max Domi hat es geschafft und ist seit vielen Jahren ein etablierter NHL-Profis, der – wie kann es anders sein – ebenfalls eine sehr intensive Spielweise pflegt. Jedoch mehr auf spielerisch-läuferischem Niveau. Legendär bei Tie Domi waren seine Fights auf dem Eis gegen wesentlich grössere Gegner, wie beispielsweise jener gegen Ulf Samuelsson 1995, als er diesen ausknockte. Oder auch sein Fight vor rund 23 Jahren gegen einen Fan in Philadelphia. Als dieser Domi - auf der Strafbank sitzend - verbal provozierte, spritzte Domi ihn mit Wasser voll. Was den Fan dazu veranlasste, sich über das Plexiglas zu bücken um Domi zu schlagen. Das war keine gute Idee. Domis Kommentar dazu nach dem Spiel: "He was entering my territory."
Die neuen Tough Guys können viel mehr
Zur aktuell neuesten Generation der Tough Guys mit spielerischen, läuferischen und taktischen Skills zählen auch Spieler wie Mathieu Olivier (Columbus Blue Jackets), Nicolas Deslaurier (Philadelphia), Radko Gudas (Anaheim), Kurtis McDermitt (Colorado), Zach McEwen (Ottawa), absolute Leistungsträger wie Jacob „The Train“ Trouba und Topskorer wie Brady Tkachuk (Ottawa Senators), der vielleicht punktbeste Enforcer aller Zeiten.
Eher bald nicht mehr passend zur künftigen NHL sind Goons wie Ryan Reaves und Matt Rempe, die noch an die alten Zeiten erinnern, aber noch immer ihren Platz als explizite Rollenspieler in der NHL verteidigen können.