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Lions Frauen

Die PostFinance Women’s League präsentiert mit den ZSC Lions Frauen einen neuen, alten Meister und dem SC Bern einen ebenbürtigen Herausforderer. Eine Analyse zur Saison 2023/24. In der Bilanz überwiegen positive Entwicklungen. Und dies trotz dem Drama von Lugano.

Mit 1’891 Zuschauer:Innen ein neuer Rekord im Schweizer Fraueneishockey in der Finalserie, ein spannender und spektakulärer Playoff-Final in fünf Akten, zwei Schweizer Schiedsrichterinnen in der Finalissima, ein Aufsteiger, der sich nahtlos in die Liga integriert, eine neue Hierarchie im Tessin und ein Team, das plötzlich aufdreht und sich überraschend für die Playoffs qualifiziert. Die Saison 23/24 war reich an positiven Entwicklungen, auch an der einen oder anderen Überraschung, aber auch überschattet von einem (vermeidbaren) Drama, das seinesgleichen sucht.

ZSC Lions: 9. Titel, erstmals nicht aus der Pole Position

Die ZSC Lions sind – auch wenn es auf den ersten "Blick" möglicherweise etwas „blau/weiss/rot-gefärbt“ tönen mag – ein verdienter Meister. Titel Nummer 9, der dritte in Serie und der erste aus der Position des Qualifikations-Zweiten. Die Löwinnen zeigten zwar eine, nennen wir es, durchzogene Qualifikation, doch sie verstanden es hervorragend, zum richtigen Zeitpunkt in Topform zu sein. Sie steigerten sich vom ersten Playoff-Spiel an (Niederlage gegen die HCAP-Girls) und erreichten in der Finallissima den Höhepunkt. Dabei setzten Headcoach Angela Frautschi, assistiert von Cindy Kenyon und Richi Novak, zusammen mit den Spielerinnen, auf ein bedeutungsschweres Wort: Teamwork! Die Zürcherinnen, ihrer Stärke bewusst, gewannen zusammen, aber sie verloren auch zusammen. Und als es um den Pokal ging, aktivierten sie die (letzten?) Reserven und gewannen gegen Bern. Das Lob gebührt – ausnahmslos – dem ganzen Team. Hervorheben darf man fünf Spielerinnen: Sinja Leemann wurde zur Playoff-MVP gewählt, Torhüterin Sandy Heim spielte die Spiele ihres Lebens, die nimmermüde Lisa Rüedi wirbelte und dirigierte und die beiden „Veteraninnen“ Dominique Scheurer und Kristina Kontny rockten die Linien der Bernerinnen. Jede der eingesetzten Spielerinnen hatte ihre speziellen Final-Momente, auch wenn ihnen kein Tor gelang, wie beispielsweise den beiden omnipräsenten Verteidigerinnen Skylar Fontaine (USA) und Christine Deaudelin (CAN). Sie arbeiteten für das Team, warfen sich in Schüsse oder checkten unermüdlich vor, bis sich der Erfolg einstellte.

SC Bern: Das eine Spiel zu viel…

Der SC Bern spielte eine gute, ja sehr gute, aber nicht perfekte Saison, meinte Headcoach Thomas Zwahlen nach der Niederlage in der Finalissima. Seine Worte sagen alles aus: grosse Wertschätzung, aber auch leise Kritik. Die Bernerinnen gewannen die Qualifikation und holten sich den Cup, zum Double reichte es nicht mehr. Warum? Weil die Schlüsselspielerinnen überspielt waren und so keine entscheidenden Impulse mehr setzen konnten. Estelle Duvin holte zwar die Qualifikations-Topscorer-Krone und löste Sturmpartnerin Maija Otamo als Liga-MVP ab, doch in der Finalserie spielte sie keine entscheidende Rolle mehr. Weil der Kader für 36 Spiele schlicht zu klein war und vor allem bei Verletzungen die Alternativen fehlten. Bei mehr als der Hälfte aller Spiele kamen nur vier Verteidigerinnen zum Einsatz und auch im Angriff liess es Zwahlen fast immer bei drei Linien bewenden. Die Bernerinnen hatten deshalb mit dem aggressiven Forechecking der Löwinnen ihre liebe Mühe und konnten sich nicht wie gewohnt einfach und zielstrebig lösen. So fehlte bestimmt (aber das wird niemand zugeben) im Playoff-Final die Spritzigkeit und der Power. Das glückliche Ende blieb den Bernerinnen deshalb, trotz einer überragenden Nati-Hüterin Saskia Maurer, erneut verwehrt. Mit ein wenig Abstand wird der SC Bern mit Sicherheit die richtigen Schlüsse aus der Final-Niederlage ziehen. Eine erste Transfermeldung ist bereits da: Die 26-jährige Nati-Stürmerin Kaleigh Quennec wird nach sieben Jahren in Montréal in die Schweiz zurückkehren und zukünftig den SCB verstärken.

HCAP-Girls: Der nächste Schritt wird folgen

Mit dem Gewinn der Bronzemedaille haben die HCAP-Girls ihr Soll erfüllt. Die namhaften Verstärkungen aus Schweden, Finnland, der deutschen Bundesliga und dem kriselnden Lugano haben aus dem Verliererteam der letzten beiden Jahre einen ernsthaften Konkurrenten um den Meistertitel gemacht. Was fehlte, war die Konstanz und vor allem die Überzeugung, dass auch gegen ZSC Lions und SC Bern regelmässig Erfolge möglich sind. Der Glaube war da und zweimal hat es gereicht, aber in den Playoffs war nach dem überraschenden Auftakterfolg in Zürich das Benzin verbraucht. Man kann es auch anders formulieren: Tanzen die drei Ausnahmekönnerinnen Josephine Holmgren, Fanny Rask und Theresa Knutson, läuft es dem ganzen Team. Spielen sie auf einem normalen Niveau oder werden neutralisiert, muss mehr von den erfahrenen Schweizerinnen im Team (Nicole Bullo, Romy Eggimann, Laura Desboeufs, etc.) kommen. Die grosse Frage nach dieser Saison in der Chefetage: Kann Ambri seine Topspielerinnen halten und in der Saison 24/25 nahtlos dort anschliessen, wo sie aufgehört haben?

NHA: Und plötzlich waren sie da…

11 Niederlagen und 8 Siege, Rang 5 mit deutlichem Rückstand auf den Strich: Das war die Bilanz der Neuchâtel Hockey Academy bis zum Jahresende. Doch dann scheint in Neuenburg in der rund einmonatigen Pause etwas positives passiert zu sein: Das Team machte sich ab Jahresbeginn auf, den 4. Playoff-Platz zu erobern. Sicher: Die NHA profitierte auch vom Nachlassen der Davos Ladies, aber letztlich schafften sie mit einer deutlichen Leistungssteigerung und vor allem mehr Konstanz – zur Überraschung vieler – die Playoff-Qualifikation. Dazu reichten in neun Spielen sechs Siege, unter anderem gegen die HCAP-Girls, nicht aber gegen den späteren Playoff-Halbfinalgegner SC Bern. Ziel erreicht? Als neutraler Beobachter muss man feststellen: Ja. Für mehr Erfolg braucht es einerseits Zeit zur Entwicklung der jungen Spielerinnen, aber auch die eine oder andere Verstärkung mehr im Team.

Davos Ladies: Was war denn da los?

Viele Verantwortliche im Frauenhockey sahen die aus dem Thurgau ins Bündnerland gezogenen HCD-Ladies anhand der getätigten Zuzüge als sicheren Playoff-Teilnehmer. Doch der Playoff-Zug geriet nach dem Jahreswechsel ins Stocken, es resultierten nur zwei Siege aus acht Spielen. Niederlagen gab es dabei nicht nur gegen die Grossen, sondern auch gegen Teams aus den hinteren Regionen wie Gottéron oder die Ladies Lugano. In ihrem Saisonrückblick begründen die Davoser Verantwortlichen, es brauche halt Zeit, ein junges Team nachhaltig aufzubauen. Wohl richtig, aber wenn man sich die Zeit geben will, warum wurde denn nach Meisterschaftsschluss plötzlich die halbe Mannschaft ausgewechselt? Für Verwunderung sorgt auch die öffentlich gemachte Aussage, wonach jede dieser Spielerinnen durch eine bessere ersetzt werden wird. Für wenig Freude (vor allem in Zürich) dürfte wohl auch die Ankündigung des Zuzugs von zwei Lions-Spielerinnen nach Davos gesorgt haben. Der Zeitpunkt war pietätlos gewählt: Einen Tag vor der Finallissima meldete Davos die Zuzüge von Nati-Verteidigerin Alessia Baechler und Nachwuchstalent Renée Lendi.

Gottéron: In jeder Beziehung eine Bereicherung

Aufsteiger Fribourg-Gottéron hat das geschafft, was viele nicht schaffen: Die Freiburgerinnen haben sich in ihrer ersten Saison in der PostFinance Women’s League etabliert. Ja, sie sind eine Bereicherung für die Liga, weil sie immer und immer wieder Nadelstiche zu setzen und Gegner wie Meister ZSC Lions (2), Davos (3) oder die Neuchâtel Hockey Academy (1) zu schlagen vermochten. Und das mit 14 Spielerinnen aus der SWHL-B-Vergangenheit. Die Freiburgerinnen hatten zu Beginn der Saison Pech mit Verletzungen: Torhüterin Jade Dübi fiel monatelang aus. Ein guter Schachzug gelang ihnen mit der Verpflichtung der Kanada-Schweizerin und ex-Nati-Spielerin Keely Moy als Joker-Transfer. Moy brachte in 16 Spielen 26 Skorerpunkte und half mit, das Team, das in der Ranking Round nur eines von sechs Spielen verlor, zu stabilisieren. Bereits waren die Freiburgerinnen auch auf dem Transfermarkt aktiv: Von Davos stossen neu die 23-jährige Doppelbürgerin Reece Diener (sechs Punkte in 32 Spielen) sowie die beiden Verteidigerinnen Nora Daneel (22) und Marie-Sophie Müller (19) als Ergänzungen zum Kader.

Langenthal: Rettung in letzter Minute

Wochen- ja monatelang verbrachten die Langenthaler Frauen am Tabellenende und galten als der sichere Playout-Teilnehmer. Noch vor dem entscheidenden letzten Spiel gegen die Ladies Lugano liess die Clubleitung zuerst verlauten, man werde zu den Playouts gegen B-Meister Zug nicht antreten und freiwillig absteigen. Nach dem Sieg gegen die dezimierten Ladies Lugano dann die Kehrtwende: «Wir bleiben in der Women’s League und sind uns unserer Rolle als Aussenseiterinnen und Ausbildungsteam bewusst», hiess es. Gut so, denn der Standort Langenthal (2x Schweizer Meister) gehört in die PostFinance Women’s League.

Lugano: Schwanengesang des achtfachen Meisters

Was in Lugano passiert ist, gleicht schon fast einer Tragödie. Mit dem Rückzug des Teams im letzten Frühling begann eine Serie von Ereignissen, die mit etwas mehr Fingerspitzengefühl und Zurückhaltung wohl zu vermeiden gewesen wäre. Der grosse Teil der Spielerinnen inklusive Trainer wanderten in den Sopraceneri zu Ambri aus. Dann die (vermeintliche) Rettung: Ex-CEO Flavia Petrimpol und weitere Mitstreiter (u.a. ein neuer Präsident) übernahmen die Lizenz, die Ladies Lugano schienen wiedergeboren, um gemäss neuen Verantwortlichen in drei Jahren wieder an der Spitze zu sein. Doch in der heilen Welt zogen kurzum dunkle Wolken auf (u.a. mit der Verhaftung des neuen Geldgebers und dessen Nichteinlösung finanzieller Versprechen). Lange Zeit hielten sich die Tessinerinnen im Rennen, doch dann der Eklat: Sämtliche Ausländerinnen inklusive Trainer waren über Nacht weg. Probleme mit der Visa- respektive Arbeitsbewilligung scheinen dazu geführt zu haben. Die renommierte kanadische Website „The Hockey News“ spricht gar von offensichtlichen Deportationen der Ausländerinnen. Der Rest ist bekannt, das Geld und die Spielerinnen gingen aus und Lugano trat nicht zu den Playouts an und relegierte sich gleich selbst in die SWHL B. Ob es weitergeht und in welchem Rahmen und mit welchen Zielen, ist aktuell noch offen.

Das wenig populäre Zug rückt nach

B-Meister EV Zug steigt nach dem Verzicht von Lugano auf die Playouts quasi am grünen Tisch in die PostFinance Women’s League auf. Oder wie es Kollege Klaus Zaugg in seiner Betrachtung zum Frauenhockey auf "Watson".ch so treffend formulierte: „Zug hat es noch dreister getrieben und bei der Konkurrenz die besten Spielerinnen abgeworben und ist mit dem zusammengekauften «Geld-Team» in die zweithöchste Liga eingestiegen – und hat ohne Niederlage mit einem Torverhältnis von 444:9 den Aufstieg geschafft. Der EV Zug dürfte nächste Saison ob diesen Umständen mit ziemlicher Sicherheit das unpopulärste Team in der Geschichte unseres Frauenhockeys haben.» Recht hat er. Punkt. Schluss.

 

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